Kloster St. Lazarus, Seedorf (8.-19. Oktober 2018)
Die Idee für eine stille Zeit kam mir nach einem anstrengenden und teils hektischen Jahr. Ich hatte das Gefühl, im Alltag nicht mehr bei mir selbst zu sein; als hätte ich einen Raum in mir verloren.
Im Kloster St. Lazarus durfte ich mir eine solche Auszeit nehmen: 10 Tage war ich hier zu Gast. Ich wurde herzlich empfangen und die Gastschwester Martina wies mir im Gästeteil des schönen, alten Klostergebäudes ein gemütliches Zimmer mit Blick auf Obstbäume, weidende Kühe und den nahen «Gitschen» zu. Ich fühlte mich in diesem kleinen Reich schnell wohl.
Bereits bei meiner Ankunft empfahl mir Schwester Martina, die Zeit im Kloster wirklich als Ferien zu verstehen. Ich nahm mir ihren Rat – Ausschlafen, Ausruhen, kein grosses Programm – sehr zu Herzen: Ich schlief jede Nacht so viel wie lange nicht mehr und verbrachte viel Zeit in meinem Zimmer mit Lesen (jedoch viel weniger als gedacht), Tagebuch schreiben und einfach nur still sein. Manchmal nutzte ich für einen Tapetenwechsel den kleinen Gebetsraum im Gästetrakt, und fast jeden Tag unternahm ich – bei meist wunderschönem Herbstwetter und teils stürmischem Fön – einen ausgedehnten Spaziergang ins Reussdelta, picknickte dort und genoss die vielfältige Landschaft bei immer wieder unterschiedlichen Stimmungen.
Abgesehen vom Mittagessen wurde ich im Kloster verköstigt. Für das Frühstück durfte ich mir in der Gästeküche selbst Tee, Kaffee und – mit einem sagenhaften Eierkocher – ein Frühstücksei zubereiten. Danach ass ich als Langschläferin meist allein. Das Abendessen zusammen mit zwei weiteren Gästen und Pater Raimund, der als Spiritual im Kloster lebt, war für mich der gesellige Teil des Tages. Wir wurden mit abwechslungsreichen Gerichten, immer auch mit frischem Salat und Gemüse aus dem Klostergarten, regelrecht verwöhnt, und die interessanten Gespräche zwischen uns dauerten oft noch an, nachdem wir Messer und Gabel längst beiseitegelegt hatten.
Der Kontakt zu den Schwestern hatte grösstenteils eine etwas andere Form: Als Gäste waren wir eingeladen, an der Eucharistiefeier und an den Chorgebeten teilzunehmen. Ich besuchte meist die Vesper am späten Nachmittag. Hier beteten die Schwestern manchmal für uns Gäste oder lächelten uns beim Hereinkommen zu. Es war eine feine Art von Verbundenheit, die ich als sehr bereichernd empfand.
Daneben ergab sich mehrmals die Gelegenheit zu einem Gespräch: Schwester Judith etwa zeigte uns eine Tonbildschau über das Leben im Kloster und danach entwickelte sich ein interessantes Gespräch, das andauerte, bis Schwester Judith schliesslich durch die Glocke zum Mittagsgebet gerufen wurde. Schwester Martina sah als Gastschwester immer wieder einmal nach ihren Gästen und nahm sich Zeit für einen Austausch. Der offene Geist der Schwestern, aber auch von Pater Raimund, ihre Offenheit für Fragen, die mich als berufstätige Frau in einem städtischen Umfeld beschäftigen, berührte mich. Die Art, wie sie mir begegneten, lässt mich an einen Satz denken, den ich während der Vesper mehrmals hörte: «Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei: doch am grössten unter ihnen ist die Liebe.» (1. Korinther, 13.13)
Ich danke allen Schwestern herzlich für die Gastfreundschaft.
Kathrin